Gemeinden / Gemeinde Konstanz

Christuskirche St. Konrad

Eines der schönsten Kirchengebäude in Konstanz –
zugleich auch das stilreinste – ist die alt-katholische Christuskirche.

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Als Jesuitenkirche baute sie 1604 bis 1607 der Laienbruder Stephan Huber, zusammen mit dem nebenstehenden Kolleg (heute Sitz von staatlichen Ämtern, damals Wohnung der Patres) und dem Gymnasium (das heutige Stadttheater, dessen Fassade leider den Zusammenhang nicht mehr erkennen lässt). Sie wurde durch den Konstanzer Bischof Jakob Fugger konsekriert und erhielt als Patron den heiligen Konrad (Bischof von Konstanz 934-975).

Der Bau ist in der proportionierten Harmonie der Grundrisse, in der Breite des (ursprünglich flachgedeckten) Innenraumes und in der ganzen Außengestaltung ein schönes Beispiel jenes Spätrenaissancestiles, der viele Jesuitenkirchen kennzeichnet. Er war außerdem für das Werden des berühmten sogenannten „Vorarlberger Münsterschemas“ von Bedeutung.

In den nächsten Jahren bis 1610 bekam die Kirche eine erste Innenausstattung, von der noch einige wichtige Werke erhalten sind. Am Bedeutendsten sind die Statuen Marias mit dem Kind und der drei gabenbringenden Könige, ein Werk des in Konstanz wirkenden niederländischen Meisters Hans Morinck, die heute in dem Aufbau des Hochaltars stehen.

Weiter sind zwei Sockelsteine mit Wappen, auf denen die großen Leuchter stehen, erhalten und die 15 Rosenkranzbilder an den Pfeilern des Langhauses. Mit einer Ausnahme sind diese guten Bilder, das Werk eines unbekannten Künstlers am Anfang des XVII. Jahrhunderts, auf Holz gemalt; jedes BIld trägt das Wappen des Stifters.

Die vier Gemälde im Chorraum, die Jesuitenheilige (Aloysius, Ignatius, Stanislaus und die japanischen Märtyrer) darstellen, werden zum ersten Mal 1683 erwähnt. Aus der ersten Zeit stammen auch die mächtigen, geschnitzten Renaissanceschränke der Sakristei.

Über dem Epitaph des Weihbischofs Johann Jakob Mirgel (1559-1629), eines Freundes und Gönners der Jesuitengründung, der neben dem Marienaltar begraben wurde, sieht man eine Kreuzigung als Hochrelief, die aus der Schule Morincks stammt. Das große Kruzifix, das der Kirche ihren heutigen Namen gegeben hat, ist auch ein Werk des XVII. Jahrhunderts.

1682 wurde das Gotteshaus durch den Jesuiten Heinrich Mayer (der auch 1679 die Pläne für die Neuwölbung des Münsters entworfen hatte) umgebaut. Mittelpunkt dieses Umbaus war das Gewölbe (eine elliptische Tonne mit Stichkappen; am Rand der oberen runden Fenster ist eine spätere Hinzufügung noch erkennbar) und der reiche Stuckschmuck: Zierleisten, Rosetten, Blatt- und Fruchtornamente, Engelsköpfe und Monogramme, die das Gewölbe, die Pfeiler und die Rundbogen der Wandnischen überziehen und den Raum seine besondere Atmosphäre geben. Zugleich wurde die Front leicht verändert (1968 ist die ursprüngliche Form wiederhergestellt worden) und wohl auch die Orgelemphore gebaut.

In der Rokoko-Zeit entstand die jetzige Innenausstattung:
1761-63 wurden sämtliche Altäre umgebaut (früher standen an den Seitenwänden des Chorraumes noch zwei Altäre, den Heiligen Ignatius und Franz Xaver gewitmet) und die jetzige Kanzel errichtet. Die Beichtstühle, Kirchenbänke und das elegante Eisengitter sind auch Werke des Rokoko.

Auf dem Hochaltar ist der vergoldete, silberbeschlagene Tabernakelaufsatz besonders beachtenswert. Auf der Tabernakeltür ist das Kreuz als Lebensbaum zu sehen: aus ihm wachsen Weintrauben, während sich rechts und links Weizenähren erheben. So wird das Opfer des Kreuzes mit dem neuen Leben verbunden, das Christus bringt und das in der Eucharistie den Gläubigen zugeteilt wird.

Etwas höher sieht man zwei anmutige Engel aus Silber, die kleine Kerzen tragen. Sie umgeben den drehbaren „Thron“, auf dem das Heilige Sakrament aufgestellt wurde.

Den Abschluss bildet ein hübsches silbernes Basrelief, die Krönung Mariä. An beiden Seiten dieser Mittelachse sind vergoldete Aufsätze, die den verschiedenen Festen entsprechend mit Reliquien, Heiligenbildern, Kerzen und Blumen geschmückt wurden.

Die vier Figuren darauf stellen die Heiligen Joseph, Johannes den Evangelisten, Aloysius und Stanislaus dar. Sie wurden der Schuljugend als Vorbild der Jungfräulichkeit vorgestellt.
In dem großen hölzernen Altaraufbau ist das eigentliche Altarbild angebracht; die Anbetung des Namen Jesu, von Franz Palko aus Prag (1740). Darüber St. Konrad, der Kirchenpatron.

Links im Kirchenschiff steht der Marienaltar, mit Gemälden von Fr.L. Hermann (dem Großvater der Marie Ellenrieder): die Muttergottes mit dem Jesuitenheiligen Aloysius und Stanislaus, darüber der Tod des hl. Joseph. Auf dem Altartisch steht eine schöne mittelalterliche Pietà, die in jüngerer Zeit von einem Mitglied der alt-katholischen Gemeinde gestiftet wurde.*
*Anmerkung der Redaktion: Die Pietà steht mittlerweile in der ehemaligen Sakristei – nach dem dort befindlichen Portrait Heinrich Ignaz von Wessenbergs auch Wessenbergkappelle genannt. Dort hat sie einen gut sichtbaren Platz in einer Nische der Holzschränke auf der rechten Seite gefunden.

Der Altar auf der rechten Seite ist zu Ehren des Heiligen Sakramentes errichtet worden. Die Bilder (ebenfalls von Fr.L. Hermann) stellen die von Heiligen umgebene Dreifaltigkeit und den heiligen Johannes Nepomuk dar.

Neben anderen Reliquien ruhen in der Christuskirche die Leiber der Heiligen Constantius, Urban und Felicianus. Die Kanzel zeigt oben die vier Lebewesen der Offenbarung, die auch Symbole der vier Evangelien sind und das Monogramm des Namen Jesus (IHS) tragen. Sie war ursprünglich über die Bogengänge im Hof zu erreichen. Die jetzige Treppe ist neu. Der Kanzel gegenüber hängt ein reich umrahmtes Madonnenbild, im XVIII. Jahrhundert von Franz Brugger aus Immenstadt um Allgäu nach einem römischen Orginal kopiert.

Mit Kolleg und Gymnasium war die Kirche auch räumlich aufs Engste verbunden. An der Südwand des Chores öffneten sich zwei Logen, die es möglich machten, den Gottesdiensten vom ersten Stock des Kollegs aus beizuwohnen, was vor allem für ältere oder kranke Bewohner des Hauses wichtig war. Von der unteren Empore führte eine Brücke über die Gasse zum Gymnasium; man konnte sich also zwischen allen drei Gebäuden bewegen, ohne den Klosterboden zu verlassen. Diese Verbindungen wurden nach 1773 beseitigt.

Trotz dieser Vielzahl von Änderungen zeigt die ehemalige Jesuitenkirche ein in hohem Maße einheitliches Bild, dem alle Farbtönungen, architektonischen Elemente und Ausstattungsgegenstände untergeordnet sind.

Jedes einzelne Werk ist für diesen Raum konzipiert und wirkt nur in Funktion des Ganzen. Alles leitet den Blick zum Hochaltar hin, dem wahren Mittelpunkt und Herz der Kirche. Ein barockes Prachtbild muss es an hohen Festtagen gewesen sein, wenn nach den Berichten 58 brennende Wachskerzen und viele silberne Statuen auf dem Hochaltar aufgestellt wurden und die Geistlichkeit in reichem Ornat den Chrorraum füllte. Da wurde die geistige Macht des Jesuitenordens spürbar, dessen Wirkungsbereich von Peru bis China die ganze Welt umfasste, und der die Menschen durch Gehorsam, Meditation und geistliche Führung „zur größten Ehre Gottes“ leiten sollte.

1773 wurde durch den Papst der Orden aufgehoben. Das Gymnasium ging in Privathand über, die Aula wurde zum Theatersaal umgebaut. Der Unterricht wurde aber unter Verlegung in das Kolleggebäude weiter erteilt und die Kirche diente als Gymnasiumkirche wie früher dem Schülergottesdienst (ein Zeugnis davon sind die zahlreichen Inschriften in den Kirchenbänken).
Da der geistige Motor nicht mehr vorhanden war, wurden auch keine Veränderungen in der Kirche vorgenommen. Sie blieb so glücklicherweise in dem Zustand erhalten, in dem sie sich im Höhepunkt ihrer Entwicklung befand.

Das Staatliche Hochbauamt Konstanz, dem die bauliche Betreuung obliegt, hat im Jahr 1930 das einsturzgefährdete Gewölbe im Kirchenschiff abtragen lassen. Am neuen Gewölbe wurden die vorher abgenommenen alten Stuckteile mit Ergänzungen wieder angetragen. Im Chorbereich besteht noch das originale Gewölbe.

Die äußere Instandsetzung wurde 1968/69 durchgeführt, wobei mehrere stilistische und bautechnische Mängel vergangener Zeiten nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten bereinigt wurden.
Diesen umfangreichen Arbeiten ist es zu verdanken, dass heute auch die schlichte, schöne Außenarchitektur, der Turm und die reizvollen Bogengänge und -fenster der Hofseite voll zur Geltung kommen. Die schrittweise innere Instandsetzung in den nächsten Jahren ist vorgesehen.

1904 wurde von der katholischen Gemeinde der Alt-Katholiken in Konstanz, die 1873 entstanden war, die Dreifaltigkeitskirche gegen das ehemalige Gotteshaus der Jesuiten umgetauscht.
Die Alt-Katholische Kirche ist aus der Protestbewegung gegen die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes und des Jurisdiktionsprimates auf dem 1. Vatikanischen Konzil entstanden. Sie betrachtet es als ihre besondere Aufgabe, für die Wiederherstellung der Einheit aller Christen auf Grund des Glaubens und der Verfassung der alten, ungeteilten Kirche einzutreten. In ihren Kirchen wird die heilige Messe nach der Ordnung der westlichen katholischen Kirche gefeiert und das Heilige Sakrament im Tabernakel aufbewahrt.

Seit 1969 versammeln sich zur Osternacht in der Christuskirche Christen aus verschiedenen Konfessionen, um gemeinsam ihr Taufgelübde zu erneuern und die Auferstehung des Herrn zu feiern.

Möge der heutige Besucher diesen Raum, der seit Jahrhunderten ein Ort des Gebetes ist, auch im Geist der Anbetung betreten!

Möge er sich dabei mit der ganzen Christenheit verbunden fühlen, die um die Erfüllung ihrer Aufgabe in der Welt und um ihre innere Einheit ringt!

Prof. Dr. Christian Oeyen

 

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